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ARD-Freienkongress in Berlin

SR und SJV waren vor Ort

26.04.2016


Es war die erste Veranstaltung dieser Art innerhalb der ARD: der ARD-Freienkongress in Berlin beim RBB. Der Saarländische Journalistenverband durfte dort natürlich nicht fehlen. Die SR-Freien Sabine Wachs, Uli Hauck, Moritz Rödle, Marlon Wilhelm, Florian Mayer sowie SR-Personalrätin und SJV-Vorsitzende Ulli Wagner nahmen am Kongress teil. Das SR/SJV-Gespann war damit auch eine der größten Gruppen des Freien-Kongresses.

Eröffnet wurde die zweitägige Veranstaltung mit einer Podiumsdiskussion „Garanten der Rundfunkfreiheit oder billige Personalreserve?“. Neben anderen diskutierten Claudia Nothelle, Programmdirektorin des RBB und Knud Zilian vom HR-Personalrat darüber, welchen Stellenwert die Arbeit von Freien in der ARD heute hat. Man war sich einig darüber, dass Freie die tragende Säule des qualitativ hochwertigen Journalismus im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk in Deutschland sind. Wie sie dafür aber angemessen bezahlt und sozial abgesichert werden sollen, sorgte für reichlich Diskussionsstoff in der Runde und im Publikum.

In den darauffolgenden vier Panels ging es dann in die „Detail-Arbeit“. Themenschwerpunkte waren zum Beispiel „Alt und Arm – wie viel Schutz muss wirklich sein?“, „Urheberrechte für Freie“, „Neue Technik, neue Arbeit“. Besonders interessant am ersten Tag: der Workshop „Alles ist möglich!“ Hier trugen die Freien der einzelnen ARD-Anstalten zusammen, wie beispielsweise das Krankengeld geregelt wird, welches Honorar für Redaktionsdienste gezahlt wird oder wie der Familienzuschlag gestaltet ist. Ergebnis: die Unterschiede sind größer als gedacht. Es zeigte sich aber auch, die 12A-Freien des SR sind zusammen mit den Kollegen von Radio Bremen mit am besten gestellt.

Beim SR können sich feste Freie  etwa in den Personalrat wählen lassen, oder es gibt Lohnfortzahlung ab dem ersten Krankheitstag – für uns feste Freie beim SR mittlerweile selbstverständlich. Bei zahlreichen Kollegen aus anderen Häusern sorgten solche Aussagen für Sprachlosigkeit und Erstaunen.



Auch der zweite Kongress-Tag eröffnete mit einer Podiumsdiskussion: „Respekt und Rechte für Freie“. Über eine Stunde wurde auch hier angeregt darüber diskutiert, wie Freie ihre Interessensvertretung am besten durchsetzen können und ob es überhaupt sinnvoll ist, Interessen von Freien, Festen-Freien und Festen getrennt zu vertreten.

Im Anschluss wurden nochmals vier Panels angeboten. Besonders viel Andrang herrschte beim Vortrag „Immer nur klagen? Oder Einklagen?“ und bei „Arbeitsrecht für Freie“. Die Arbeitsgruppe „Freie in die erste Reihe!“ erarbeiteten währenddessen eine Resolutions-Vorlage, die im Anschluss von allen Teilnehmern des Kongresses überarbeitet und unterzeichnet wurde. Das 9-Punkte-Papier fasst die Forderungen der ARD-Freien zusammen:

Schluss mit der Zwei-Klassen-Gesellschaft!

1. Wir sind viele.

Zehntausende sind bei ARD, ZDF, Deutsche Welle und Deutschlandradio als freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, davon rund 18.000 als arbeitnehmerähnliche.
Aber egal welcher Status, ob „feste Freie“ oder „freie Freie“:

2. Wir machen das Programm.

Die allermeisten Beiträge und Sendungen stammen von freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir recherchieren und moderieren, wählen Inhalte und Musik aus, präsentieren Nachrichten, drehen, schneiden, produzieren Sendungen, gestalten Websites, betreuen Social-Media-Auftritte.
Doch:

3. Wir sind Arbeitnehmern ähnlich, aber nicht gleichgestellt.

Wir leisten die gleiche Arbeit, haben aber nicht die gleichen Rechte. Wir haben keine Arbeitsverträge, sondern nur einen „arbeitnehmerähnlichen“ Rechtsstatus. Wir müssen ständig um unser Einkommen fürchten. Sozialleistungen, die für Festangestellte selbstverständlich sind, werden uns vorenthalten. Und das, obwohl wir Tür an Tür mit ihnen arbeiten und oft im gleichen Dienstplan stehen.
Jetzt kommt dazu:

4. Die Sender sparen auf unsere Kosten.

Dass Geld fehlt, ist kein Naturgesetz. Es ist politisch so gewollt. Und während die Einkommen der Festangestellten sicher sind, sparen die Sender vor allem an uns Freien – und damit am Programm. Wer aber guten unabhängigen Journalismus will, muss dafür Geld in die Hand nehmen.
Und:

5. Wir wollen von unserer Arbeit leben können.

Sie gefällt uns und ist genau unser Ding. Wir bringen unsere ganze Kraft und unser kreatives Potenzial ein. Doch die Honorare sind oft nicht angemessen. Sichere Perspektiven fehlen.
Aber:

6. Wir wollen arbeiten und dabei gesund bleiben.

Leider ist immer häufiger das Gegenteil der Fall. Unsicherheit und wirtschaftliche Zwänge machen einige von uns krank. Andere lassen es nicht so weit kommen und verlassen die Sender. Kreative Köpfe, markante Stimmen gehen so verloren. Doch gerade die braucht der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Für uns gilt nach wie vor:

7. Wir sind offen für Neues.

Wir eignen uns selbstverständlich neue Techniken an, entwickeln zeitgemäße Formate und Darstellungsformen. Wir brauchen dafür aber auch Zeit und Geld. Berufliche Fort- und Weiterbildung darf nicht in unserer Freizeit stattfinden, und sie muss angemessen vergütet werden.
Wichtig ist uns auch:

8. Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen.

Jüngere gegen Ältere, Hörfunk gegen Fernsehen oder Online, Festangestellte gegen Freie: Das läuft bei uns nicht. Wir fordern Wertschätzung, Transparenz und Solidarität.
Und nicht zuletzt:

9. Auch wir sind der öffentlich-rechtliche Rundfunk!

Doch nicht überall sind Freie als gleichberechtigte Mitarbeiter anerkannt. Bei einigen Sendern sitzen sie im Personalrat, andere haben eine gesetzlich verankerte Freienvertretung, manche nicht einmal das. Wir wollen Missstände benennen und beseitigen können, wo das nötig ist. Vor allem aber wollen wir die Zukunft unserer Sender mitgestalten. Wir fordern: Freie gleichberechtigt in die Personalräte! Überall.

Wir fordern die Intendantinnen und Intendanten, die Rundfunkräte und die Parlamente in Bund und Ländern auf: Macht Schluss mit der Zwei-Klassen-Gesellschaft!

Die Interessenvertretungen für Freie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Die zwei Kongresstage waren arbeitsreich, intensiv und wurden von allen Teilnehmern vor allem genutzt, um die verschiedenen Erfahrungen in den ARD-Anstalten untereinander auszutauschen. Für alle Teilnehmer war der erste Freienkongress ein klarer Erfolg. Der nächste ist auch schon in Planung. Veranstaltet werden soll er beim SWR, wann und wo ist aber noch offen.Text: Florian Mayer und Uli Hauck, Foto: Moritz Rödle
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