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Veranstaltung von SJV, Siebenpfeiffer-Stiftung und LMS

SOS Pressefreiheit in Europa?

04.05.2018

Der Saarländische Journalistenverband (SJV), die Siebenpfeiffer-Stiftung und die Landesmedienanstalt Saarland (LMS) haben anlässlich des Internationalen Tages der Pressefreiheit am 03. Mai 2018 zur Diskussionsveranstaltung „Demokratie und Medien – Journalismus in der digitalen Welt“ im Homburger Forum eingeladen.Der Vorsitzende der Siebenpfeiffer-Stiftung, Dr. Theophil Gallo, konnte zahlreiche Besucher aus Politik und Gesellschaft sowie Medienschaffende zu diesem Dialog begrüßen, den er in einen historischen Bezug zur deutschen Demokratiegeschichte und zur Geschichte der Pressefreiheit stellte.Durch den Abend führten der Journalist Florian Mayer und die Vorsitzende des SJV, Ulli Wagner, die auch in einem einführenden Vortrag anhand aktueller Daten über die Lage der Pressefreiheit in Europa einschließlich der Türkei informierte. Ulli Wagner stellte fest: „Was die Pressefreiheit in Europa angeht, müssen wir von einem akuten Notfall sprechen und ‚SOS Pressefreiheit‘ ausgeben. Vier der fünf Staaten, die sich weltweit am meisten verschlechtert haben in der Rangliste von Reporter ohne Grenzen, liegen in Europa. Es gibt immer mehr Hetze gegen Journalisten und gegen kritische Medien - unliebsame Journalisten werden mundtot gemacht, weggesperrt, aus dem Weg geräumt. Wir brauchen ein ‚Stand up for journalism‘ und ein Bewusstsein für die Bedeutung der freien Presse für unsere Gesellschaft.“Die freie Journalistin Silke Burmester, „Kriegsreporterin von der Medienfront“, Mitglied bei Pro Quote, dem Pen Zentrum Deutschland und den Freischreibern, zog in ihrem Vortrag „Von der Identität zur Krise – wie äußere Kritik nach innen wirkt“ eine kritische Bilanz zum Selbstbild des eigenen Berufsstandes. Sie appellierte angesichts von Angriffen der Politik und organisierter Trolle auf die Glaubwürdigkeit der Medien und unsicherer wirtschaftlicher Arbeitsbedingungen an Journalistinnen und Journalisten, sich mehr und selbstbewusster für die eigenen Belange einzusetzen: „Die globalen Versuche, die Pressefreiheit zu schwächen, treffen - zumindest in Deutschland - auf einen Berufsstand, der verunsicherter denn je ist. Kaputt gespart und zu Erfüllungsgehilfen der PR degradiert, fehlt vielen Journalistinnen und Journalisten der Mumm, die Werte ihres Berufes und die der Pressefreiheit zu verteidigen.“Im anschließenden Dialog mit Uwe Conradt, zur „Bedeutung von Qualitätsjournalismus für eine freie Gesellschaft“ stellte dieser fest, dass alle gesellschaftlichen Akteure Verantwortung für Freiheitsrechte übernehmen müssten: Politik, Gesetzgeber, Medienschaffende aber auch jeder einzelne: „Anonyme Trolle und von Algorithmen gesteuerte Bots können die öffentliche Kommunikation massiv beeinträchtigen und demokratische Strukturen zersetzen. Aus Gründen der Prävention spricht vieles dafür, die persönliche Inanspruchnahme stärker als bisher ins Zentrum der zuständigen staatsfern organisierten Medienaufsicht, der Staatsanwaltschaften und Gerichte zu stellen. Die Durchsetzung der Anbieterkennzeichnung auf Twitter, Youtube, Facebook und Co. ist dabei eine zentrale Aufgabe, will man individuelle Verantwortung wieder herstellen.“In einer Live-Schaltung nach Washington beteiligte sich Marc Hoffmann, USA-Korrespondent des ARD-Hörfunks an der Diskussion in Homburg. Sein Thema war der „Journalismus im Trump-Zeitalter: Zwischen Schnelligkeit und Sorgfalt“. Er schilderte die Arbeitsbedingungen in einer durch enorme Schnelligkeit und Fülle geprägten Nachrichtenlage, die nur bewältigt werden könne, indem man sich auch auf die Qualität der Kolleginnen und Kollegen anderer Medien stütze. Die Arbeit in den USA finde außerdem in einem gesellschaftlichen Klima statt, das seit Jahren aufgeheizt und tief gespalten sei. „US-Präsident Trump ist für die Pressefreiheit in den USA Fluch und Segen zugleich. Trump befeuert den Hass und sät Zweifel gegenüber etablierten Medien. Das ist eine Herausforderung für Journalistenkollegen, die genau spüren, wie wichtig Vertrauen für glaubwürdigen Journalismus ist. Zugleich haben mehr Amerikaner unter Trump das Bedürfnis nach gutem Journalismus. Die großen Zeitungen und Fernsehsender antworten mit Faktenchecks und noch mehr Investigativjournalismus," so Hoffmann.„Neue Strukturen, neue Chancen, neue Herausforderungen für die journalistische Arbeit“ beleuchtete Dr. Marius Schneider. Als erfahrener Journalist und Teil der Geschäftsführung TV von WeltN24 gab er einen Einblick in dieses Unternehmen, das Print, TV und Internet in einem Projekt zusammenführt und die Kanäle aus einer Hand bespielt. Aus der Perspektive des Unternehmens warf er einen optimistischen Blick auf die neuen Möglichkeiten für Qualitätsjournalismus durch die Digitalisierung. Gewaltige Konkurrenz erwächst laut Schneider den traditionellen Medien allerdings durch Social Media-Plattformen. Auch wesentliche Aspekte der Mediennutzung hätten sich verändert: „Bei der heutigen Flut an Informationen geht es weniger darum, was ich als Nutzer wissen kann, als darum, was ich überhaupt wissen will. Der Nutzer schafft sich seine eigene Öffentlichkeit, damit wird insbesondere in der Kommunikation über Social-Media die Blase zum Geschäftsmodell, mit der gesellschaftlich bedenklichen Auswirkung, dass der öffentliche Diskurs in diese geschlossene Kommunikationsblase zerfällt“, so Schneider. „Unsere Aufgabe ist es, diesen Blasen eine andere breitere Öffentlichkeit gegenüberzustellen, auf der Basis von handwerklich gutem und spannendem Journalismus. Im Zentrum des Geschäfts steht der Wille ein gutes Medienangebot auf allen Kanälen zu machen: einordnen, begeistern, orientieren!“Die Veranstaltung kann demnächst bei den Saarbrücker Medienimpulsen nachgelesen werden: www.medien-impulse.de.

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