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Er war einfach STIG

Ein Nachruf auf Roland Stigulinszky

28.01.2022

Er war ein besonderer Mensch und ein besonderer Journalist: Roland Stigulinszky. Am 27. Januar ist unser langjähriges Mitglied im Alter von 95 Jahren gestorben. Ulli Wagner erinnert an STIG

Als ich Roland Stigulinszky näher kennenlernte, da hatte der gerade sein 8. Jahrzehnt begonnen und der SJV das halbe Jahrhundert vollendet. Der Name ging mir als SR 3 Reporterin leicht über die Zunge und sogar auf die Tasten, an die Abkürzung musste ich mich aber erst einmal gewöhnen … dazu war das „Stigu“ auf den Funkfluren allzu gegenwärtig.

Schorsch hatte mir den „alten Herrn“ vorgestellt, der so viel erlebt und noch mehr zu erzählen hatte. Über die Geschichte des Saarlandes, über die Freiheit der Gedanken und die der Presse, über spitze Federn und Satire und über eine große Liebe namens Bruni, die die Kinder großgezogen, das Geld beisammengehalten und große Teile von STIGs Kreativität erst ermöglicht hatte.

Während er früher viel unterwegs war, quer durch die Republik, zu den Medien, für die er auf seine unverwechselbare Art skizzierte und schrieb, aber auch als Verbandssprecher und Tarifverhandler, war Bruni in den letzten Jahrzehnten immer an seiner Seite. Manchmal brachte STIG sie auch einfach mal mit zu einer SJV-Versammlung und bis zu seinem 90. meldete er sich auch immer brav ab, wenn er an einer Mitgliederversammlung nicht teilnehmen konnte – er war lange genug als oberster Deutscher Grafik-Designer unterwegs und wusste genau, dass die Basis einen guten Vorstand braucht, der aber ohne engagierte Basis auf verlorenem Posten ist.

Mit Ex-und-Hopp- Journalismus konnte STIG nicht so recht was anfangen und das lag nicht nur an der Schnelligkeit, die war er gewohnt von früher, als er von jetzt auf gleich LIVE bei Telesaar die Programmvorschau präsentiert, mit spitzer Feder, während er alles Wichtige Drumherum erzählte. Mit dem „Tintenfisch“ hatte er sich einen Namen gemacht, waren seine Karikaturen berühmt geworden, vor allem die um einen Politiker, den viele damals nur den „Dicken“ nannten. Altersweise meinte STIG jahrzehntespäter im Zeitzeugen-Gespräch der Reihe „Journalisten als Zeitzeugen“, inzwischen würde er sich wegen mancher JoHo-Karikatur auch schon mal schämen. Und er wünschte sich, dass es Grenzen gäbe, auch wenn er immer wieder dafür eintrat, dass Satire alles können dürfen muss.

Ab und an gab er noch Interviews, zu Charlie Hebdo etwa oder zum „Fall Böhmermann“, ansonsten hatte er sich weitgehend aus der Aktualität zurückgezogen. Er schrieb lieber Gedichte und Geschichten, über die Liebe und das Leben und über das Älterwerden.

Aber als die einzige Tageszeitung des Landes aus der Tarifbindung ausstieg und die Kolleginnen und Kollegen für einen Haustarifvertrag kämpften und auf die Straße gingen, da zückte er sie wieder, die spitze Feder und schenkte seinem SJV diese Karikatur.

Und benannte damit gleich noch andere brennende Punkte der damals aktuellen Journalismus-Debatte.

Roland Stigulinszky war Realist, trotz aller Visionen, trotz allen Engagements. Und er war kritisch, auch sich selbst gegenüber. Ich erinnere mich noch wie heute daran, als er von der Begeisterung des jungen Stigulinszky für Hitler erzählte, von der Napola und davon, dass er als Junge alles für diesen Mann getan hätte. Der Krieg machte aus STIG einen Antifaschisten, einen, der seinen eigenen Kopf nutzte und sich hütete, irgendwem nachzulaufen, einen, der sich aktiv für die Demokratie einsetze und für den Meinungs- und Pressefreiheit zu den höchsten Gütern gehörten.

Da reichte nur noch die Liebe zu Bruni ran. Fast 70 Jahre waren die beiden verheiratet. Als seine Frau starb, hatte STIG die 90 schon überschritten. Diesen Schlag hat er nie ganz überwunden. Er wollte doch einfach nur bei ihr sein. Diese Woche ist Roland Stigulinszky im Schlaf gestorben. Das ist sehr traurig. Aber er ist seinem Ziel jetzt sicher ganz nahe.

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