Rückblick zum Tag der Pressefreiheit
Denis Robert und Heiko Maas zu Gast
Foto: Andreas Schlichter
Aktuell sitzen 178 Journalisten in Haft, von 119 Kollegen fehlt jede Spur und 66 Reporter wurden im vergangenen Jahr getötet, weil sie über die schrecklichen Ereignisse aus den Krisengebieten unserer Welt berichteten. Die Zahlen von „Reporter ohne Grenzen“ zeigen, wie sehr die Pressefreiheit weltweit gefährdet ist. Der Saarländische Journalistenverband hatte aus diesem Grund zum Internationalen Tag der Pressefreiheit im Festsaal des Saarbrücker Rathauses einen Diskussionsabend unter dem Motto „Geschätzt, geschützt und doch gefährdet“ veranstaltet. Der französische Investigativ-Journalist Denis Robert und Bundesjustizminister Heiko Maas sprachen vor rund 50 Zuhörern über den Stand der Pressefreiheit in Deutschland, Frankreich und der Welt.Robert, in Frankreich geboren und dort als Journalist aktiv, begann mit dem schrecklichsten und gleichzeitig jüngsten Anschlag auf die Pressefreiheit: die brutale Attacke auf die Redaktion des Satire-Magazins Charlie Hebdo, bei der elf Journalisten ermordet wurden. „Ich habe erleben müssen, wie Freunde bei Charlie Hebdo getötet wurden“, sagte Robert. Der Anschlag habe deutlich gemacht, wie gefährdet Journalisten immer noch sind. Gleichzeitig zeige er aber auch, dass jeder Einzelne jeden Tag für die Freiheit der Presse kämpfen muss.Die „Angst, sich eine Kugel einzufangen“, dürfe nicht dazu führen, dass Journalisten sich selbst in ihrer Arbeit einschränken müssen. „Die größte Gefahr ist die schleichende Selbstzensur“, betonte Robert. Bundesjustizminister Heiko Maas forderte er auf, dafür zu sorgen, dass sich kein Journalist mehr davor fürchten muss, für das Verbreiten von Informationen um sein Leben zu bangen. Denn jeder einzelne Journalist bilde das Fundament, auf dem die Freiheit der Presse ruht. Kommen sie ins Wanken, gerate auch die Pressefreiheit ins Wanken, erklärte der französische Journalist: „Eine Demokratie braucht Informationen von Journalisten, die frei und unabhängig berichten. Denn ohne Journalisten gibt es überhaupt keine Freiheit.“„Die Pressefreiheit ist heute keine Selbstverständlichkeit“, gab Bundesjustizminister Heiko Maas zu. Und so lange sie nur auf dem Papier stehe, sei sie auch nichts wert. Es brauche Menschen, die für sie eintreten und ihre Werte verteidigen. Maas sieht dafür unter anderem das Internet als ein geeignetes Mittel und verwies auf den erfolgreichen Journalisten und Aktivisten Glenn Greenwald. „Greenwald kann mit seiner eigenen Online-Zeitung selbst die Standards für einen kritischen Journalismus setzen“, erklärte Maas. „Diese Art von Online-Journalismus kann eine Chance für viele Journalisten sein.“ Gleichzeitig warnte der Bundesjustizminister aber auch davor, jeden Blogger als guten Journalisten zu sehen. Oft fehle es an journalistischer Sorgfalt und Qualität. „Und auch dadurch sind Journalisten gefährdet, weil sie in vielen Ländern nicht mehr geschätzt werden“, mahnte er.Auch die anhaltenden Skandale um spionierende Geheimdienste machte Maas zum Thema: „Die BND-Affäre hat gezeigt, dass die Pressefreiheit nicht mehr nur durch Politiker bedroht wird.“ Wenn das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört wird, könne sich auch kein Journalist mehr sicher sein, ob nicht auch er überwacht werde. Ein Gefühl, das viele Journalisten mit der aktuellen Gesetzesvorlage zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland in Verbindung bringen - die auch in Teilen aus der Feder des Bundesjustizministers stammt. Den Vorwurf, dass die Bundesregierung mit der Vorratsdatenspeicherung ein neues Instrument schaffe, um die Menschen im Internet überwachen zu können, wehrte Maas ab. In vielen Geschäftsbedingungen von Internetdienstleistern sei festgeschrieben, dass Daten gesammelt, gespeichert und weiterverkauft werden dürfen. Dieses Problem werde durch das neue Gesetz geregelt: „Viele werden durch unsere Restriktionen nicht mehr oder viel schwerer Daten von Nutzern abfragen können“, entgegnete er. Die Angst vieler Journalisten, dass Informanten wegen der Vorratsdatenspeicherung nicht mehr mit ihnen zusammenarbeiten, teilt Maas nicht. Journalisten seien von den Überwachungsmaßnahmen ausgeschlossen, und es müsse zur Abfrage der Daten immer erst ein Straftatbestand vorliegen. „Wird trotzdem abgehört, ist das ganz klar eine Straftat“, sagte Maas.
Es bleibt trotz aller Aussagen von Heiko Maas abzuwarten, ob es für Reporter ohne Grenzen bald notwendig sein wird, zu ihrer Statistik die Kategorie „abgehört“ hinzufügen zu müssen.Text: Florian Mayer
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